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Foto: Roman Kindl

Studie zu Genossenschaften: Mitglieder und Beschäftigte dürfen mitentscheiden – aber es gibt dabei auch Probleme

An der Universität Erlangen-Nürnberg trifft sich heute, wer in Deutschland in Partizipations- und Genossenschaftsforschung Rang und Namen hat. Im Mittelpunkt des Workshops stehen die Ergebnisse eines Projekts des Wissenschaftsladen (WILA) Bonn. Mehr als zwei Jahre haben Dr. Herbert Klemisch und Moritz Boddenberg zur Frage geforscht, wie es um die Mitbestimmung in großen Genossenschaften bestimmt ist. Sie zeichnen ein gemischtes Bild.

„Gerade jetzt nach der Wirtschafts- und Finanzkrise erscheinen Genossenschaften eine gute Alternative zu herkömmlichen, stark renditeorientierten Unternehmensformen. Bisher weiß die Forschung jedoch vergleichsweise wenig zur Alltagspraxis in Genossenschaften. Diese Lücke wollten wir mit unserer Studie schließen“, sagt Dr. Herbert Klemisch vom WILA Bonn. Speziell ging es dem Wissenschaftler um die Unternehmensmitbestimmung in Genossenschaften, also um die Möglichkeit von Beschäftigten, Einfluss auf die Entscheidungen der Genossenschaft zu nehmen. Spannend ist diese Frage unter anderem, weil Arbeitnehmervertreter/innen als Aufsichtsratsmitglieder in Genossenschaften gleichzeitig die Interessen der Belegschaft und die Interessen der Kapitalseite unter einen Hut bringen müssen.

Neun Genossenschaften in Deutschland haben mehr als 2.000 Beschäftigte, so dass die Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter im Aufsichtsrat einen gesetzlichen Anspruch darauf haben mitzuentscheiden. Dazu zählen beispielsweise die Steuerberatergenossenschaft DATEV oder die Apothekergenossenschaft Sanacorp. Formal kann jedes Mitglied dieser Genossenschaften ein Mandat in der jeweiligen Vertreterversammlung erlangen. Doch die Studie zeigt: In der Praxis sind die Möglichkeiten, Einfluss auf die Ausrichtung des Unternehmens zu nehmen eher gering. Dies führen die Studienautoren darauf zurück, dass Lobbygruppen Priorität haben. Der Zugang zu den entsprechenden Gremien ist so nicht für alle gleich. In einigen Genossenschaften, wie den Apothekergenossenschaften, können manche Beschäftigte gar keine Mitglieder der Genossenschaft werden, da sie als Lagerarbeiter oder Verwaltungsangestellte selbst nicht dem Berufsstand der Apotheker angehören. In anderen Genossenschaften konnten die Studienautoren wiederum beobachten, dass das System der Unternehmensmitbestimmung durch berufene Beiräte unterlaufen wurde, zu denen die Arbeitnehmervertreter/innen nur einen sehr begrenzten Zugang haben.

Nichtsdestotrotz sieht Dr. Herbert Klemisch in Genossenschaften eine gute und stabile Unternehmensform: „Genossenschaften haben den strukturellen Vorteil, dass sie nicht an den Interessen ihrer eigenen Mitglieder vorbei, an die Konkurrenz oder andere Finanzmarktakteure veräußert werden können.“

Die Ergebnisse des von der Hans Böckler Stiftung geförderten Projekts werden unter dem Titel „Unternehmensbestimmung in Genossenschaften“ in der Reihe MB-Studies bei der Hans Böckler Stiftung demnächst erscheinen. (Link zum kostenlosen Download: https://www.boeckler.de/48.htm)

Hier geht es zum Tagungsbericht "Unternehmensmitbestimmung in Genossenschaften"

Kontakt

Dr. Herbert Klemisch
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(0228) 20 161-19